Am 28. August 2025 haben die drei europäischen Länder (Deutschland, Frankreich und das Vereinigte Königreich) unter Berufung auf den sogenannten „Snapback-Mechanismus“ gemäß der Resolution 2231 des UN-Sicherheitsrats den Prozess der Wiedereinsetzung von Sicherheitsratssanktionen gegen den Iran eingeleitet. Dieses Vorgehen setzt, entsprechend der Resolution, eine Frist von dreißig Tagen in Gang. Am Ende dieser Frist werden – falls keine neue Resolution zur Fortsetzung der Suspendierung der Sanktionen verabschiedet wird – automatisch alle früheren UN-Sanktionen wieder in Kraft gesetzt. Ein solcher Prozess bedeutet eine Eskalation der Spannungen in einer der kritischsten regionalen und globalen Phasen.
Aus unserer Sicht stellt dieser Schritt Europas einen Beitrag zur Schwächung der Diplomatie und zur Förderung militaristischer Tendenzen im Nahen Osten dar. Zu einer Zeit, in der die Spannungen zwischen Iran und Israel ihren Höhepunkt erreicht haben und das Risiko einer Konfrontation erheblich gestiegen ist, sind Aussagen europäischer Politiker – wie etwa die Bemerkung der deutschen Bundeskanzlerin, „Israel erledigt unsere Drecksarbeit für uns“ – besorgniserregende Anzeichen für eine Angleichung an Israels Kriegspolitik. Eine solche Haltung entfernt Europa von seiner historischen Rolle als moderierende Kraft in globalen Krisen und kann weit über die Region hinaus Folgen für die internationale Stabilität haben.
Aus menschenrechtlicher Sicht stellen umfassende Wirtschaftssanktionen gegen die iranische Bevölkerung, wie von UN-Sonderberichterstattern anerkannt, Menschenrechtsverletzungen dar. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Sanktionen weder die Islamische Republik zum Einlenken gezwungen noch das Volk gestärkt haben; vielmehr haben sie wirtschaftliches Elend verschärft, politische Perspektiven verschlossen und demokratische Kräfte im Iran ihrer gesellschaftlichen Handlungsfähigkeit beraubt. Millionen Iranerinnen und Iraner leiden unter wirtschaftlichem Elend, Medikamentenmangel und grundlegender Entbehrung, während das Regime diese Bedingungen zur Rechtfertigung politischer Repression ausnutzt. Sanktionen verändern weder die Denkweise der Regierung noch das Kräfteverhältnis zugunsten des Volkes; sie haben nur das Leiden vertieft.
Gleichzeitig ist es unbestreitbar, dass die Islamische Republik die Situation an diesen Punkt gebracht hat. Ihre Außenpolitik setzt nicht auf die Vermeidung von Krieg und Konflikt. Die Einschränkung des Zugangs von Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation sowie Untätigkeit bei den jüngsten Gesprächen mit Europa waren klare Fehler, die Konfrontationen verschärft statt entschärft haben. Darüber hinaus haben die Parteinahme des Regimes im Ukraine-Krieg und seine Waffenlieferungen an das russische Militär den Iran in Europa als gefährlichen und bedrohlichen Akteur erscheinen lassen. Immer wieder hatte die Islamische Republik die Möglichkeit, Europa als Vermittler oder Ausgleichsmacht in ihren Beziehungen zu den Vereinigten Staaten und dem Westen zu erhalten, doch durch strategische Fehler hat sie diese Chance verspielt.
Trotzdem bleibt ein schmales Zeitfenster offen. Der Snapback-Mechanismus eröffnet eine Frist von dreißig Tagen, in der der Sicherheitsrat durch diplomatische Initiativen die automatische Wiedereinsetzung der Sanktionen verhindern kann. Die nächsten dreißig Tage sind entscheidend, um zum Dialog zurückzukehren und eine Eskalation der Krise – und vor allem den Weg in einen Krieg – zu verhindern. Die Missachtung dieses Zeitfensters würde die vollständige Rückkehr der Sicherheitsratssanktionen bedeuten und den Iran in eine beispiellose Isolation stürzen – eine Situation, von der nur autoritäre Abenteurer innerhalb der Islamischen Republik und kriegstreiberische Kräfte in Israel und den Vereinigten Staaten profitieren würden.
Wir rufen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen und seinen Generalsekretär dazu auf, alle ihre Kapazitäten einzusetzen, um die Rückkehr der Sanktionen zu verhindern und alle Parteien auf den Weg der Diplomatie zurückzuführen. Wir erwarten von allen europäischen Ländern, dass sie ihrer historischen Rolle bei der Bewahrung von Frieden und Stabilität gerecht werden, statt Sanktionen und Spannungen zu verschärfen. Wir fordern alle Parteien auf, die dreißigtägige Frist bestmöglich zu nutzen und die Region vor einem weiteren Krieg zu bewahren. Wir begrüßen den Vorschlag Russlands, die Aktivierung des Snapback-Mechanismus um sechs Monate zu verschieben. Diese Möglichkeit hat jedoch nur dann Bedeutung, wenn sie auf eine friedliche Lösung und ein verbindliches Engagement aller Parteien ausgerichtet wird. Daher verurteilen wir jede mögliche militärische Aktion Israels oder der Vereinigten Staaten gegen den Iran. Unsere grundlegende Position in der aktuellen Spannung um das Atomprogramm der Islamischen Republik ist die freiwillige Beendigung der Urananreicherung; zugleich begrüßen wir ein Abkommen, das die Sanktionen beendet und gleichzeitig verhindert, dass das Atomprogramm für militärische Zwecke missbraucht wird.
Ein möglicher Krieg im Nahen Osten würde nicht nur den Iran und seine Nachbarn, sondern die gesamte internationale Gemeinschaft erfassen. In einer Welt, die bereits von den Flammen von Krieg und Armut in der Ukraine, in Afrika und anderswo heimgesucht wird, ist die Verantwortung Europas und der Vereinten Nationen, neue Krisen einzudämmen, umso dringlicher.
Internationales Beziehungen der Linkspartei des Iran
4. September 2025
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