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Cornelia Ernst in Parteitag der „Women, Life, Freedom„

Cornelia Ernst in Parteitag der „Women, Life, Freedom„

Liebe Genossinnen und Genossen,
Am 16. September 2022 starb Jina Masha Amini. Ihr Tod hat nicht nur den Iran erschüttert, sondern die Welt. Der 16.September 2022 ist nicht nur ein Tag der Erinnerung an dieses Verbrechen. Er ist Startschuss für den Aufstand im Iran, für das öffentliche und alle Schichten der Bevölkerung ergreifende Aufbegehren, für die Revolution „Women, Life, Freedom“. 
Diese Bewegung hat Bedeutung weit über die Region hinaus, setzt Maßstäbe für den gesamten Nahen und Mittleren Osten. Von der untrennbaren Verbindung von Revolution und Emanzipation, Revolution und Feminismus kann die Welt lernen! 
Nicht nur im Europäischen Parlament, auch in der europäischen Zivilgesellschaft hat diese Bewegung allergrößte Unterstützung.
Und wir dürfen keinen einzigen Tag aufhören damit!
Liebe Genossinnen und Genossen, es ist mir eine Ehre, heute bei Euch zu sein.
Als erstes möchte ich mich bei euch für die enge und zuverlässige Zusammenarbeit bedanken. Ihr seid ein absolut wichtiger Pfeiler linker Iranpolitik und ich bin stolz auf euch.
Als Präsidentin der EU-Iran-Delegation werden mir zeitweise die Türen eingerannt. Diese Delegation ist zwar sehr klein, aber wir arbeiten seit längerem eng mit anderen Delegationen und Ausschüssen, wie dem Außenpolitischen Ausschuss und dem Menschenrechtsausschuss zusammen.  Es gibt mittlerweile einen Pool von Europaabgeordneten, die sich in die Debatten zum Iran aktiv einbringen. Überfraktionelle und überparteiliche Kooperation ist der Schlüssel zum Erfolg, auch, wenn das manchmal Nerven kostet. Ich arbeite Hand in Hand zusammen mit dem Iran-Rapporteur Ernest Urtasun, aber auch mit Roberta Metsola, der EP-Präsidentin. Wir sind eng vernetzt mit relevanten Thinktanks und es gibt einen verlässlichen Kontakt zum EAD, dem Europäischen Außenpolitischen Dienst.
Im April 2023 ist es in einem Kraftakt gelungen, die verschiedensten Vertreterinnen und Vertreter der Diaspora im Europaparlament an einen Tisch zu bekommen, ganz ohne Schah-Sohn Reza Pahlavi. Eine ebenso richtige Entscheidung wie die Einbeziehung eurer Koalition in diesen Prozess.
Unser Ziel ist es, das EP zu einer Plattform zu entwickeln, wo die unterschiedlichsten Kräfte der iranischen Opposition sich austauschen können, 
um Vorschläge zu entwickeln für die Zukunft des Iran.                                  


Es geht dabei auch um themenbezogen Probleme und entsprechende konkrete Vorschläge, wie zum Beispiel Wege für sichere Internetkanäle oder EU-Finanzierungsmöglichkeiten. Dazu wollen wir ein Bord installieren mit Vertretern der Diaspora und der inneriranischen Opposition.
Lasst mich ein paar Themen aufgreifen, die mir besonders wichtig sind:
1.     Wir müssen alles tun, dass wirklich alle vorhandenen Seiten der iranischen Opposition gehört werden, es darf kein  Diktat einer einzelnen Koalition geben. Nur so kann es ermöglicht werden, Vorschläge zur Zukunft des Iran zu entwickeln, die mehrheitsfähig sind. Das EP kann dafür eine geeignete Plattform sein, aber nicht Richter. Die Zukunft des Iran ist die Aufgabe der Iranerinnen und Iraner, niemand anderen sonst. 
2.    Alle Beteiligten, alle Seiten müssen begreifen, dass die Zukunft des Iran nicht von außen importiert werden kann. Euer Land ist das beste Beispiel dafür, wie das Eingreifen von außen, das Überhelfen von Perspektiven über die Köpfe der im Land lebenden Menschen hinweg eher schadet als nützt. Die Revolution kann nicht importiert werden. Ich sage das auch ausdrücklich aus der deutschen Erfahrung. Die friedliche Revolution im Osten Deutschland, der DDR, war ein Werk der Menschen dort und konnte nur durch sie selbst erfolgreich sein. Die später dann aus Bonn gesteuerte Art und Weise der Wiedervereinigung war eben nicht der beste Weg, sondern einer, der die Erfahrungen der ostdeutschen Bürgerinnen und Bürger weitgehend vernachlässigte. Aus solchen Erfahrungen muss man lernen.
3.    Daraus ergibt sich 3. Wir müssen die inneriranische Opposition stärken, in ihrer ganzen Vielfalt, deren Vernetzung und Austausch fördern.
Darin müssen religiöse und ethnische Minderheiten, Arbeiterinnen und Arbeiter, Gewerkschaften, Interessenvertretungen der LGBTIQ, Umweltaktivistinnen und –aktivisten, und Frauen, immer wieder Frauen  ihren festen Platz haben. Schauen wir in die Region dann gehören die Iranerinnen zu den am besten qualifizierten Frauen. Sie sind Teil der Bildungsschicht im Iran, mehr als anderswo. Das ist ein Juwel, der nicht aus den Händen gegeben werden darf! Und es wird keinen demokratischen und freien Iran geben ohne die Befreiung der Frauen! Dass im Iran der weibliche Protest auch durch viele Männer unterstützt wird, ist einmalig. Frauen und Männer in Gleichheit und Gleichberechtigung ist der Schlüssel für ein Leben in Menschenwürde!
4.    Liebe Genossinnen und Genossen, wir müssen einen klugen Umgang mit dem Teheraner Regime finden. Es ist ein inhumanes, äußerst professionelles Regime, die islamische Republik hat jahrzehntelange Erfahrung mit Sanktionen und ist bestens vernetzt zu anderen Regimen, wie Russland und zunehmend China. Es ist daher richtig, gezielte und spürbare Sanktionen gegen die Täter in Kraft zu setzen. Etwas anderes haben wir ja auch nicht, es sei denn, man will Krieg. Aber Krieg wollen wir nicht.  Wir müssen aber zugleich die Frage stellen, welche Sanktionen im Sinne der Sache vernünftig sind und welche letztlich nur der Bevölkerung selbst schaden, wie die exterritorialen Sanktionen der Trumpregierung, die bis heute nicht abgeschafft wurden. Trumps Bruch mit dem JCPOA hat letztlich dazu beigetragen Raissi an die Macht zu spülen und die Verhältnisse im Iran weiter zu verschlechtern.  Eine solche Politik lehnen wir Linken ab. Genauso falsch ist es, jedwede Beziehungen zum Iran abbrechen zu wollen. Gibt es nur noch geschlossene Türen, dann haben wir keine einzige Einflussmöglichkeit mehr, weder beim JCPOA, noch weniger beim Kampf um Menschen, die eingesperrt und von der Todesstrafe bedroht sind. Wie ihr wisst gibt es eine gute Tradition im Deutschen Bundestag, die Übernahme von Patenschaften über Menschen, die von der Todesstrafe bedroht sind. Es ist wichtig, um jedes einzelne Menschenleben zu kämpfen, ohne wenigstens einige offene Türen werden wir scheitern. Und ihr habt bestimmt gelesen, dass es Gefangenenaustausche gab. Ich wünsche mir von der deutschen Bundesregierung erheblich mehr Unterstützung für die deutsch-iranischen Gefangenen. Hier werden die Angehörigen allein gelassen. Deren Verzweiflung habe ich in letzter Zeit immer wieder persönlich erfahren. Und ich fühle mit jeder und jedem einzelnen. Und noch was: wer es in der EU wirklich ehrlich meint, erleichtert es iranischen Flüchtlingen, in Europa aufgenommen zu werden. Auch dafür steht die Linke in Europa.
5.    Wir sollten jedwede Entspannungspolitik im Nahen und Mittleren Osten unterstützen. Es ist gut, dass der Iran und Saudi-Arabien ein neues Kapitel in den Beziehungen aufschlagen. Generell sehe ich in der Entwicklung regionaler Kooperationen eine echte Chance zur Entspannung im Nahen und Mittleren Osten. Das ist auch eine Frage von Krieg oder Frieden, denn die Region ist ein Pulverfass. Unabhängig davon bin ich der Überzeugung, dass für eine friedliche und prosperierende Zukunft der Region es einer starken und selbständigen innerregionalen Kooperation bedarf. Das muss vor Ort passieren. In Europa hatten wir die sogenannte Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit, die 1973 in Helsinki begründet wurde. Diese läutete eine neue Phase der Beziehungen in Europa ein. Etwas Ähnliches braucht der Nahe und Mittlere Osten in Zukunft. Auch darüber müssen wir reden.
Liebe Genossinnen und Genossen,
es ist schön hier bei euch zu sein, als Linke sage ich: ihr seid unsere Schwesterpartei, wir fühlen uns euch zutiefst verbunden. Der Iran hat mich persönlich immer fasziniert, auch weil ich von Haus aus Geschichtslehrerin bin und eure große Kultur und Geschichte verehre. Als ich in Isfahan stand und die bedeutende Kulturdenkmäler sah, war ich ergriffen, denn davon hatte ich lange geträumt. Euer Land ist eine Kostbarkeit, die behütet werden muss, Natur und Gesellschaft haben unendliche Potenzen. Lasst mich mit einem Gedanken abschließen:
Viele von euch sind schon lange getrennt von ihrem Heimatland, leben auf allen Kontinenten, ganze Generationen von Geflüchteten, vor dem Schah-Regime, der islamischen Republik. Viele von euch haben Angehörige verloren, durch Attacken des Regimes, aber auch in Verzweiflung. Und doch ist eure Verbundenheit zum Land eurer Väter, Mütter, Verwandten ungebrochen. Das ist unglaublich wichtig. Ihr werdet zu Recht Teil der Veränderungen, die sich nicht mehr verhindern lassen, sein. Niemand weiß besser als ihr, dass sich die Zukunft eines Landes nicht mit Verbitterung und Hass entwickeln kann, sondern nur mit Hoffnung und Liebe. 
Seid fest umarmt im Namen so vieler! 
2. Juni 2023  Frankfurt

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